Bremst gut, fährt gut - Die Alpenstraße mit der TX
Verfasst: Do 24. Sep 2020, 22:18
'...bremst gut, fährt gut ...' sagte der Mann vom TÜV vor drei Wochen. Na, die Fußbremse kann er nicht gemeint haben. Aber vorn hab ich endlich statt der 47 Jahre alten Bremsleitungen die Stahlflex verbaut die schon ein Jahr auf der Werkbank liegen. Und, ich bin begeistert, die Bremse ist nicht wiederzuerkennen.
So begeistert daß ich spontan beschließe die anstehende Tour über die 'deutsche Alpenstraße' mit der TX statt der Z 750 Twin - Kawasaki zu unternehmen. Weil, die TX bremst jetzt endlich nicht nur gut, die fährt auch richtig gut!
Die Deutsche Alpenstraße - sie heißt wirklich so - ...
... hatten wir, Josef, Stefan und ich, im Rahmen unserer jährlichen Ein-Wochen-Tour vor drei Jahren schon mal in Angriff genommen. Schon im Kleinwalsertal, im übrigen ein illegaler Österreich-Abstecher von der Original-Strecke die nur über deutsches Terrain geht und deshalb auch mal komische Haken schlägt, hats damals dermaßen geschüttet daß wir am zweiten Tag über den Brenner nach Südtirol in die Sonne geflüchtet sind.
Josef und Stefan müssen für meine Rente arbeiten, also mach ich den zweiten Anlauf alleine. Schade!
Morgens noch gepackt, gegen Mittag endlich startbereit, ab gehts, Suttgart weiträumig übers Remstal und den Schurwald umfahren, hinter Weilheim Albaufstieg über die Ochsenwanger Steige, dahinter gleich noch mal runter ins Lenniger Tal, bei Grabenstetten wieder hoch und bei der Falkensteiner Höhle wieder runter nach Bad Urach. Kleine Sträßchen, Kurven, Kurven, alles bei strahlender Sonne. Weiter nach Sankt Johann und durchs Lautertal, am Wochenende vor allem für die Anwohner die Motorradhölle, heut, am Mittwoch, bin ich ganz allein. Ende Lautertal in Zwiefalten, ein Foto vom Kloster ....
... und von dort quer durch Oberschwaben ...
See mit Strandbad (auf der andern Seite) bei Kißlegg
... über Isny und Oberstaufen zunächst nach Vorarlberg und dort ins Kleinwalsertal.
Hinter Balderschwang schlag ich abseits der Straße bei einer gemütlichen Picknickstelle mein Nachtlager auf, packe das mitgebrachte Vesper und eine Flasche Bier aus, les noch ein wenig und leg mich dann schlafen.
Na, der Baum war schon groß aber wieso das Foto jetzt hier so riesig wird weiß ich auch nicht.
Am nächsten Morgen um halb neun von Hindelang aus auf den Oberjoch-Paß
Wahnsinn, leider nur bis halb hoch. Da lauf ich nämlich im Überholverbot auf ein paar langsamere Pkws auf und ziehs dann, anstatt mich dahinter einzureihen oder trotz Verbot zu überholen, vor ein wenig von einem Parkplatz aus runterzuschaun.
Da kommt schon der Nächste, sieht auch nicht schlecht aus, oder
Von meinem Parkplätzchen gehts auch seitlich weg
Kuck ich noch mal hin: das hatt' ich jetzt nicht vor, zumindest nicht mit der TX
Von da runter nach Reutte, vorbei an neugierigen und hoffentlich glücklichen Kühen
Und an dem Verkehrsschild in der Mitte. Die Tiroler meinens Ernst, was ich gar nicht schlecht finde!
In den Papieren stehn bei Standgeräusch 83dB (A), also ausreichend Abstand.
Zumindest theoretisch. Wenn ich ehrlich bin find ich sie aber schon ein wenig laut. Nicht im entspannten Normal-Fahrmodus, aber wenn ich das Gas richtig aufmach hört man die US-Auspufftüten und das Ansauggeräusch aus dem K&N-Doppelluftfilter. Aber, wenn man will, gehts auch durchaus moderat. Liegt also nur an mir ob ich mich schämen muß!
____________
Fortsetzung folgt, noch vier Fahrtage bis wieder zuhaus
____________________________
Bis Berchtesgaden, Ende der Alpenstraße gibts
Noch mehr Berge und Kühe
Ein malerisches Zementwerk vor Bergkulisse – nein, im Ernst, das Motiv hat mir so gut gefallen daß ich gewendet hab und 500 m zurückgefahren bin um dieses Foto zu machen
Morgenstimmung am Plansee und wieder Berge
Jede Menge Barock im Kloster Ettal
Den Walchen- und den Kochelsee zwischen Bergen und zwischen den Seen die Kesselbergstraße. Die wird am Wochenende wohl von Motorrädern aus allen Ecken Bayerns überschwemmt, ich komm hier am Donnerstag durch und hab Glück, weil ich mich genau vor diesem Streckenabschnitt ...
... an einer roten Baustellenampel vor den LKW setzen kann, der bereits kilometerweit den ganzen Verkehr hinter sich eingebremst hat.
Super schöne Strecke, ich versuch zügig in einem Schwung zu fahren, vor den Kurven rechtzeitig Gas wegzunehmen, zurückzuschalten und mit dem Motor zu bremsen und dahinter nur so viel Gas zu geben, daß ich vor der nächsten Kurve nicht gleich wieder runterbremsen muß. Damit komm ich vielleicht schon mal über die zulässigen Sechzig, aber nicht so viel, daß ich mir ernsthaft Sorge wegen Blitzern machen muß. Und das Überholverbot ist belanglos, ich hab die sechs Kilometer zwischen Walchen- und Kochelsee in meiner Richtung ganz für mich allein.
Danach Pause in Bad Tölz
von Corona nix zu merken
Energieschub für den Fahrer
ohne Kommentar - alles was mir dazu einfallen würde bedeutet nur Ärger
Bekehrung einer Ungläubigen: '... ach vergessens doch die CSU und den Söder ... nur die AFD ....'
Aber alles wird gut
Weiter gehts! Am Tegernsee entlang
Allerdings ohne Aufenthalt in der Seesauna, und weiter nach Bayrischzell und dann zum Sudelfeld und Tatzelwurm
Mekka der bayrischen Motorradszene - große Erwartung, aber zumindest heute ist hier nichts los und eine im Vergleich zur Kesselbergstraße auch enttäuschende Strecke. Da bietet das Streckenstück nach der Überquerung des Inns Richtung Walchsee und von dort weiter nach Bad Reichenhall fahrerisch wesentlich mehr.
Ok, mein heutiges Ziel ist Berchtesgaden, Morgen früh hab ich geplant den Obersalzberg wo Hitler seinen 'Berghof' hatte bzw das dort heute installierte Dokumentationszentrum zu besuchen.
Wegen Corona ist der Zutritt begrenzt, es empfiehlt sich also früh dazusein. Deshalb suche und finde ich ca 10 km vor Berchtesgaden tatsächlich einen Campingplatz. Lässt sich zunächst gut an, hat, was nicht mehr selbstverständlich ist, noch eine Zeltwiese wo auch die Zeltheringe in den Boden gehen. Die Nacht für üppige 23.50 bietet dann aber nicht nur bis gegen 11 jede Menge Verkehrsgeräusche von der Bundestraße - die Zeltwiese ist vorn nur durch eine Hecke vom Bahndamm der DB und von der dahinter liegenden Bundesstraße getrennt, die Dauercamper sind hinten wo's leise ist - sondern, spezielle Überraschung, auch noch eine Nachtbaustelle der DB. Die Deutsche Bahn schottert ihr Gleisbett direkt an der Zeltplatzhecke neu und fährt dazu zwischen eins und halb fünf am frühen Morgen mit einem Bauzug hin und her, direkt durch mein Zelt, grad so als wollten sie in dieser Nacht in Ordnung bringen was sie über Jahre hinweg haben verlottern lassen.
Da bau ich dann als es hell und auf der Bundesstraße so ab halb sechs auch die Lkws wieder unterwegs sind gern früh das Zelt ab und verschwinde, frühstücke in einer Bäckerei und pfeif nach zwei Cappucine schon um acht die wunderbare Bergstrecke von Berchtesgaden auf den Obersalzberg hoch. Vor mir stehen schon ca. 10 Leute an, wir dürfen aber um neun alle zusammen rein.
Der Besuch im Dokumentationszentrum https://www.obersalzberg.de/home/ ernüchtert mich, auch noch nach mehr als 75 Jahren bin ich fassungslos zu was Deutsche fähig waren. Und auch froh daß mir diese Prüfung durch 'die Gnade der späten Geburt' erspart blieb. Den Besuch kann ich, auch angesichts dessen was heut wieder alles aus den Löchern kriecht, jedermann nur empfehlen.
Kurz vor Mittag fahr ich weiter. Über die Scharnitzkehlstraße gibts eine klitzekleine 'hintere' Abfahrt zurück nach Berchtesgaden mit super Aussicht auf die gegenüber liegenden Berge, den Hochkönig ...
... und den Watzmann (???). Wenn ers denn tatsächlich ist.
Und weil ich eigentlich gar nicht zurück will sondern weiter Richtung Salzkammergut fahr ich gleich noch mal den Obersalzberg hoch, vorbei auch am Golfclub Berchtesgaden ....
... der sich, wie's aussieht, auch in einem ehemaligen NS-Gebäude niedergelassen hat. Wem's gefällt....
Weiter ohne jegliche Coronainspektion über die Grenze nach Hallein im Salzburger Land und von dort vorbei an glücklichen Kühen am Fuschlsee ....
... zum Mondsee.
Ein verträumtes Badeufer
Und wie ich da so steh kommt tatsächlich ein Kunstflieger vorbei und dreht 10 Minuten lang nur für mich Loopings, macht Sturzflüge und Überschläge ....
... daß mirs selbst am Boden fast schlecht wird. Von da gehts dann ...
ans Nordende des Attersees ...
... wo ich mit Helmut auf einen Kaffeebesuch verabredet bin.
Helmut kenn ich aus der beruflichen Zusammenarbeit mit einem in dieser Gegend ansässigen Entwicklungspartner für Getriebeteile. Irgendwann mal hat sich dabei rausgestellt daß er alte Horex-Motorräder, vornehmlich Vorkriegsmodelle, sammelt, restauriert und fährt.
Dieses Foto ist leider nicht von mir, das sind Helmut und seine Frau bei einem Oldtimer-GP auf einem Horex-Gespann von 1935.
Helmuts Horex-Sammlung besteht aus jeder Menge Motoren, diversen Solo-Maschinen und mehreren Gespannen, alle nicht auf neu restauriert sondern mit Patina, technisch einwandfrei und fahrbereit. Ich bin so überwältigt daß ich völlig vergesse Fotos zu machen. Und dann, ich bin in der Gegend von Vorchdorf von den Eltern eines Stuttgarter Freundes zum Abendessen und Nachtquartier eingeladen, schlägt er vor, noch eine kleine Ausfahrt Richtung Attersee zu machen und mich anschließend in meinem Nachtquartier abzuliefern.
Auf gehts!
Der Helm ist derselbe wie beim Gespannrennen, die Fahrweise, wie ich schnell feststelle, zügig.
Wir fahren über kleine Landstraßen und Versorgungswege und ich hab mit der 50 PS starken TX 750 zu tun an Helmut auf der 20 Jahre älteren 18 PS starken Regina 350 dranzubleiben und nicht abreissen zu lassen .
Die beiden Fahrzeuge noch mal von vorn. Ob der Pfeil die Richtung des technischen Fortschritts markiert ist zumindest diskutierbar.
Nach gut 50 schönen Kilometern Ankunft im Nachtquartier. Super Ausfahrt Helmut, Danke. Und wir kommen auch noch mal ins Horexparadies!
Auf dem Bauernhof wo ich übernachte werd ich mit offenen Armen empfangen und fürstlich bewirtet. Normalerweis bringt, was ich versäumt hab, der Gast ein Geschenk mit aber als ich mich am nächsten Morgen nach einem üppigen Frühstück verabschiede bekomm ich auch noch eine Flasche besten selbstgebrannten Zirbenschnaps zugesteckt. Der Hausherr ist früher selbst Motorrad gefahren, erst eine Regina und dann, bis sie ihn bei einem Unfall 'ins Bein gebissen' hat, eine Triumph Tiger und er empfiehlt mir an meine bereits grob geplanten Strecke zunächst Richtung Hallstädter Tauern und dann in einem großen Bogen hoch zur tschechischen Grenze noch das 'Gesäuse' anzuhangen. So kommen an diesem Tag 350 km zusammen. Nicht nur das Gesäuse, das ganze Streckenstück zwischen Liezen und Steyr - erste Sahne!
Schloss vor Bergkulisse in den Hallstädter Tauern
Ein lauschiges Bänkchen mit himmlischem Segen für eine kleine Pause. Der Fleck vor dem Motorrad rührt allerdings daher daß ichtrotz des Segens beim Absteigen den Seitenständer nicht weit genug ausklappe und deshalb erst mal mit der ganzen Fuhre am Boden liege. Am Kupplungshebel bricht nur die Kugel, glücklicherweis nicht die Halterung weg, den Schalthebel biegts nach oben - Rückschaltungen weiterhin kein Problem, Hochschaltungen besch ... en.
Es ist Samstag Nachmittag, alle Werkstätten sind dicht aber am frühen Abend komm ich an einem halb zerlegten Baugerüst vorbei und kann mit einem anderthalb Meter kurzen Rohr-Teilstück den Hebel wieder so einigermaßen hinbiegen - Gott sei Dank bricht er dabei nicht ab.
Nach diesem kleinen Lapsus kuck ich auch nicht wirklich entspannt in den Selbstauslöser. Kann vielleicht auch daran liegen daß ich an diesem Tag schon seit dem Morgen ein wenig Kopfweh habe. Da gabs doch gestern zum Abendessen und anschließendem Einsitzen einen erstklassigen Apfelmost. Ob ich da ein Gläschen zu viel ....
In Steyr fahr ich dann wenigstens 20 km im Kreis weil ich nicht glauben will, daß nur Autobahnanschlüsse ausgeschildert sind nicht aber der Nachbarort Stadtkirchen via 'österreichische Romantikstraße', die ich auf meiner Generalkarte ausgekuckt habe. Jetzt reichts endgültig, in der nächsten Saison fahr ich mit Navi!
Bei Mauthausen überquer ich die Donau. Der Ort ist mir ein Begriff und ich besuch am Nachmittag die KZ-Gedenkstätte. Schauderlich!!!!
Von da dann noch ca 100 km bis ich am Abend recht platt mein Nachtquartier an einem kleinen Bach bei Klaffer am Hochficht aufschlage.
Am nächsten Morgen noch mal günstig in Österreich getankt - die Wiese neben der Tankstelle ist weiß vom Bodenfrost - und dann bei zunächst weiter einstelligen Temperaturen über die deutsche Grenze Richtung Bayrischer Wald.
Ich glaub hier sieht man daß es trotz Sonne noch recht frisch ist.
In Waldkirchen halten mich die beiden Wächter vor der Tür nicht von einem klasse Frühstück mit reicher Auswahl im Bäckereicafe Pilger ab. Und es gibt auch eine richtig edle Toilette auf der man(n) grad sitzen bleiben möchte. Empfehlung, die Bäckerei natürlich, für alle die mal in die Gegend kommen!
Über kleine Sträßchen weiter nach Zwiesel ...
... und von dort auf den hohen Arber wo mich tatsächlich ein Krokodil zu beissen versucht.
Nein, nicht das auf dem die Kids da am Arbersee sitzen.
Aber als ich grad auf den Parkplatz davor einbiegen will machts hinter mir auf einmal Tatü Tata, ein ziviler BMW überholt und der Beifahrer winkt mich an den Straßenrand. " Fahrzeugkontrolle, bitte Führerschein und Fahrzeugschein ... um was gehts denn ... jetzt schaun wir uns erst mal Ihr Motorrad an ... aha, das Modell 341, stimmt das .... schalten Sie mal das Fernlicht ... neuer TÜV? Das interessiert uns nicht, da prüfen wir schon selbst ... und blinken bitte ... ist das der Originalzustand .... haben Sie gegenüber dem Originalzustand etwas verändert ... Stahlflex-Leitungen, wieso denn das ... haben sie sonst noch was geändert ... so ein altes Motorrad, sie haben da doch sicher was umgebaut ..."
Die beiden Jungs kennen die TX offensichtlich nicht, kein Wunder, das Motorrad ist sicher deutlich älter als die Beiden. Aber nachdem sie jetzt so gar nichts finden und weder die Reifen abgefahren sind noch die TX à la 'Brutale' aus dem Auspuff röhrt kommen Sie zur Sache. " ... können sie sich vorstellen wieso ... wir hatten hier 23 Motorradtote im letzen Jahr ... " (ok, hat er das so gesagt, dh die 23 aufs letzte Jahr bezogen, ganz sicher bin ich mir da nicht) "... wir haben hier eine Sonderkommission Motorrad ... Sie haben bei unklarer Verkehrslage überholt ... 100 Euro plus 28 Euro Verwaltungsgebühr, 1 Punkt, ... sind Sie einverstanden? ..."
Das bin ich nicht was die Sache nicht besser macht. Ich bin kurz hinter Zwiesel auf eine Kolonne von fünf Pkw aufgelaufen, der vorne fährt bei zulässigen 100 so um die sonntäglichen gut 70 Stundenkilometer und ich reih mich, weil ichs nicht wirklich eilig hab und dauernd Gegenverkehr kommt, für ca 3 km hinten ein. Wir werden gefühlt immer langsamer, dann ein Links-Rechtsbogen, Kurve wär übertrieben, ohne Gegenverkehr, ich überhol den Ersten und wie immer noch keiner entgegenkommt auch noch den Zweiten. Dann ist der Abzweig zum Arber ausgeschildert und ich reih mich wieder ein, die drei vor mir fahren gerade aus weiter, ich bieg links ab und fahr, ohne groß in den Rückspiegel zu schaun, die letzten vier km zügig und entspannt vollends hoch zum Arbersee. Wo mich die Zivil-Pozelei, die ich offensichtlich vor dem Abzweig mit überholt hab, aus dem Verkehr zieht.
Und sie haben nix, ich werd wies aussieht alt, bin auf den 10 km seit Zwiesel erst hinter und dann vor ihnen nicht ein einziges Mal zu schnell gefahren, hab weder bei Gegenverkehr noch im Überholverbot überholt, bin nicht zu dicht aufgefahren und hab auch nicht gedrängelt. Am Motorrad soweit erkennbar alles legal und laut ist's zum allgemeinen Erstaunen auch nicht.
Echtes Pech für die Jungs, 10 km und eine wertvolle halbe Stunde Arbeitszeit vergeudet, was jetzt. Da ziehn wir doch einfach mal ein ganz wachsweiches 'Überholen bei unklarer Verkehrslage' aus dem Ärmel. " ... Kennzeichen LB ... Sie sind ja auch nicht aus der Gegend ... ??? ... ja, dann könnt man wenigstens davon ausgehen daß Sie die Strecke kennen ... und so richtig Gas gegeben haben sie auch nicht ... " Ok, ich fahr halt keinen Tiefflieger mit 150 PS und geb, wie ichs gewohnt bin wenn ich die Lage überblicken kann, angesichts des für diese Geschwindigkeit üppigen Drehmoments der TX einfach im fünften Gang Gas. Was ja offensichtlich durchaus gereicht hat.
Der gesprächsführende Beamte bemüht sich um mich aber ich bin einfach nicht einsichtig " ... Sie sind ein schwieriger Fall ... wenn Sie damit nicht einverstanden sind kommen Sie halt zur Gerichtsverhandlung in den Bayrischen Wald ... wir schicken Ihnen das auch nach Baden Württenberg... " Na ja, 20 Euro hätt ich, um den ganzen Aufstand zu vermeiden, vielleicht akzeptiert aber verarschen lassen, nur weil ich die Erwartungen der Jungs an ihre Sicht des Motorradfahrer-Normalverhaltens nicht erfüllt hab, möcht ich mich jetzt eigentlich nicht. Wenns eine Gerichtsverhandlung in Zwiesel oder Bodenmais gibt steig ich mit meiner Frau und dem Schnuffi ins Auto und wir machen ein paar Tage Winterurlaub im Bayrischen Wald.
So trennen wir uns, das können sie jetzt einfach nicht fassen. Ich bleib noch ein Viertelstündchen am Arbersee und fahr dann runter nach Bodenmais. Kaum bin ich wieder auf der Strecke stehn die beiden Jungs links in einem Parkplätzchen und haben die nächste arme Sau am Wickel.
Ein paar Kilometer weiter gibts einen kleinen Trost - ich liebe Amarenabecher und der ist richtig lecker! Rechts vom Eisbecher übrigens mein, wie ich in Steyr gelernt habe, völlig überholtes Navisystem.
Im Bayrischen Wald gibts alles, Südtiroler Klima inclusive
Und auch noch richtige Tankstellen wie früher: Super- und Normalbenzin, kein E10, dafür aber Milch als Ergänzungskraftstoff. Daß es sowas überhaupt noch gibt ...
Kurz dahinter ein fotogenes Bauernhof-Gänseidyll
In Flossenbürg, das Thema verfolgt mich auf dieser Tour ein wenig, noch eine KZ-Gedenkstätte. Andrerseits kein Wunder wenn man sich die Karte anschaut die ich dort abfotografiert hab. Die Lager waren überall!
Ich bin vor ca 15 Jahren bei einer einwöchigen ' wir fahren jetzt einfach mal dicht an der tschechischen Grenze entlang von Zwiesel bis Dresden und dann wieder heim' - Tour zusammen mit meinem Freund Werner schon mal zufällig in Flossenbürg aufgeschlagen. Damals war, soweit ich mich erinnere, das Lager nicht ausgeschildert, wir haben uns, weil mir der Name ein Begriff war, durchgefragt und vor Ort gabs auch nur wenig zu sehen. Nicht aufgefallen ist mir damals daß die Häuser am Hang hinter der Baracke auf dem Foto oben alle auf dem ehemaligen Lagergelände stehen. Das war ja nach dem Krieg auf einmal frei, da gabs offensichtlich günstige Bauplätze. Ob mir da auf der sonnigen Eigenheimterasse mein Sonntagsfrühstück mit Blick auf die ehemalige Kommandantur und die Baracken wirklich schmecken würde?
Bei Windischeschenbach dann mitten im Acker ein fotogener Bohrturm vom kontinentalen Tiefbohrprogramm der Bundesrepublik Deutschland. Details hier https://de.wikipedia.org/wiki/Kontinent ... eutschland, mir fehlt leider die Zeit für eine Besichtigung.
Und am nächsten Tag in Neuenmarkt, jetzt sind wir schon im Fichtelgebirge, das 'Deutsche Danpflokmuseum' Dekoratives Foto, der moderne Triebwagen fährt grad durch als ich die Loks fotografieren will. Auch die Besichtigung muss ich mir für nächstes Mal aufsparen.
https://www.dampflokmuseum.de/startseite-2/
Von da aus umfahr ich Bayreuth und fahr dann weiter durch die Fränkische Schweiz ...
Das Foto staammt aus der Gegend von Plankenfels.
... über Herzogenaurach weiter Richtung Bad Windsheim.
Seit Herzogenaurach rappelt immer mal wieder was im Motor. Das Geräusch wird successive unangenehmer, meine Nerven dünner und mir fällt jeder mögliche Blödsinn ein. Ich hab kurz vor der Tour die Ausgleichswellenkette neu eingestellt, hab ich die Excentermutter wirklich wieder richtig angezogen? Dann stottert sie auch noch ein paar mal und schießt in den Auspuff - Kommt das Geräusch vom losen Fliehkraftversteller der am Gehäusedeckel kratzt bevor er vollends von der Nebenwelle fällt? So eine Motorenzerlegung mit Bordwerkzeug am Straßenrand wär nicht lustig.
Als ich endlich kurz vor Bad Windsheim ohne Stehenbleiber bei einem alten Bekannten aufschlage kann ich dort komfortabel mit seinem Garagen- statt mit meinem Bordwerkzeug auf Ursachensuche gehen.
Gar nicht so schlimm, Die Klemmschraube der Kettengleitschiene über dem Ritzel hat sich gelöst und das vordere Ende der Schiene tanzt und rappelt auf der Kette. Ich hab mich schon vorher gefragt zu was Schiene wohl gut ist und bau sie final ab. Problem gelöst!
jetzt ists nicht mehr weit nach Hause. Hier gehts auf kleinen Straßen vorbei am mittelalterlichen Rothenburg ob der Tauber
Zwischen Rothenburg und Langenburg sind Ernte und Ackerbearbeitung in vollem Gange
Jetzt bin ich schon hinter Langenburg, ein Blick zurück auf die auf dem Bergsporn liegende Altstadt mit dem Schloß. Da hoch geht auch die ehemalige Bergrennstrecke.
Und als bei Mainhardt die Sonne malerisch aber schlecht fotografiert über dem Schwäbischen Wald untergeht brauch ich für die restlichen knapp 50 km grad noch 40 Minuten.
Sechs sonnige Tage, kein Regentröpfchen, jede Menge Landschaft, 1.926 km Fahrspaß pur mit einem Durchschnittsverbrauch von 4,92 l auf 100 km.
Der Mann vom TÜV hatte recht: '...bremst gut, fährt gut ...', ein klasse Motorrad. Und die Herausforderung so was mit der TX oder einer den beiden ähnlich alten Kawasaki-Twins zu unternehmen reicht mir völlig, da brauch ich, so sehr sie mir auch gefällt, doch keine neue Triumph Speed Twin in der Garage.
Seht ihr sicher genau so!
Martin
....
So begeistert daß ich spontan beschließe die anstehende Tour über die 'deutsche Alpenstraße' mit der TX statt der Z 750 Twin - Kawasaki zu unternehmen. Weil, die TX bremst jetzt endlich nicht nur gut, die fährt auch richtig gut!
Die Deutsche Alpenstraße - sie heißt wirklich so - ...
... hatten wir, Josef, Stefan und ich, im Rahmen unserer jährlichen Ein-Wochen-Tour vor drei Jahren schon mal in Angriff genommen. Schon im Kleinwalsertal, im übrigen ein illegaler Österreich-Abstecher von der Original-Strecke die nur über deutsches Terrain geht und deshalb auch mal komische Haken schlägt, hats damals dermaßen geschüttet daß wir am zweiten Tag über den Brenner nach Südtirol in die Sonne geflüchtet sind.
Josef und Stefan müssen für meine Rente arbeiten, also mach ich den zweiten Anlauf alleine. Schade!
Morgens noch gepackt, gegen Mittag endlich startbereit, ab gehts, Suttgart weiträumig übers Remstal und den Schurwald umfahren, hinter Weilheim Albaufstieg über die Ochsenwanger Steige, dahinter gleich noch mal runter ins Lenniger Tal, bei Grabenstetten wieder hoch und bei der Falkensteiner Höhle wieder runter nach Bad Urach. Kleine Sträßchen, Kurven, Kurven, alles bei strahlender Sonne. Weiter nach Sankt Johann und durchs Lautertal, am Wochenende vor allem für die Anwohner die Motorradhölle, heut, am Mittwoch, bin ich ganz allein. Ende Lautertal in Zwiefalten, ein Foto vom Kloster ....
... und von dort quer durch Oberschwaben ...
See mit Strandbad (auf der andern Seite) bei Kißlegg
... über Isny und Oberstaufen zunächst nach Vorarlberg und dort ins Kleinwalsertal.
Hinter Balderschwang schlag ich abseits der Straße bei einer gemütlichen Picknickstelle mein Nachtlager auf, packe das mitgebrachte Vesper und eine Flasche Bier aus, les noch ein wenig und leg mich dann schlafen.
Na, der Baum war schon groß aber wieso das Foto jetzt hier so riesig wird weiß ich auch nicht.
Am nächsten Morgen um halb neun von Hindelang aus auf den Oberjoch-Paß
Wahnsinn, leider nur bis halb hoch. Da lauf ich nämlich im Überholverbot auf ein paar langsamere Pkws auf und ziehs dann, anstatt mich dahinter einzureihen oder trotz Verbot zu überholen, vor ein wenig von einem Parkplatz aus runterzuschaun.
Da kommt schon der Nächste, sieht auch nicht schlecht aus, oder
Von meinem Parkplätzchen gehts auch seitlich weg
Kuck ich noch mal hin: das hatt' ich jetzt nicht vor, zumindest nicht mit der TX
Von da runter nach Reutte, vorbei an neugierigen und hoffentlich glücklichen Kühen
Und an dem Verkehrsschild in der Mitte. Die Tiroler meinens Ernst, was ich gar nicht schlecht finde!
In den Papieren stehn bei Standgeräusch 83dB (A), also ausreichend Abstand.
Zumindest theoretisch. Wenn ich ehrlich bin find ich sie aber schon ein wenig laut. Nicht im entspannten Normal-Fahrmodus, aber wenn ich das Gas richtig aufmach hört man die US-Auspufftüten und das Ansauggeräusch aus dem K&N-Doppelluftfilter. Aber, wenn man will, gehts auch durchaus moderat. Liegt also nur an mir ob ich mich schämen muß!
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Fortsetzung folgt, noch vier Fahrtage bis wieder zuhaus
____________________________
Bis Berchtesgaden, Ende der Alpenstraße gibts
Noch mehr Berge und Kühe
Ein malerisches Zementwerk vor Bergkulisse – nein, im Ernst, das Motiv hat mir so gut gefallen daß ich gewendet hab und 500 m zurückgefahren bin um dieses Foto zu machen
Morgenstimmung am Plansee und wieder Berge
Jede Menge Barock im Kloster Ettal
Den Walchen- und den Kochelsee zwischen Bergen und zwischen den Seen die Kesselbergstraße. Die wird am Wochenende wohl von Motorrädern aus allen Ecken Bayerns überschwemmt, ich komm hier am Donnerstag durch und hab Glück, weil ich mich genau vor diesem Streckenabschnitt ...
... an einer roten Baustellenampel vor den LKW setzen kann, der bereits kilometerweit den ganzen Verkehr hinter sich eingebremst hat.
Super schöne Strecke, ich versuch zügig in einem Schwung zu fahren, vor den Kurven rechtzeitig Gas wegzunehmen, zurückzuschalten und mit dem Motor zu bremsen und dahinter nur so viel Gas zu geben, daß ich vor der nächsten Kurve nicht gleich wieder runterbremsen muß. Damit komm ich vielleicht schon mal über die zulässigen Sechzig, aber nicht so viel, daß ich mir ernsthaft Sorge wegen Blitzern machen muß. Und das Überholverbot ist belanglos, ich hab die sechs Kilometer zwischen Walchen- und Kochelsee in meiner Richtung ganz für mich allein.
Danach Pause in Bad Tölz
von Corona nix zu merken
Energieschub für den Fahrer
ohne Kommentar - alles was mir dazu einfallen würde bedeutet nur Ärger
Bekehrung einer Ungläubigen: '... ach vergessens doch die CSU und den Söder ... nur die AFD ....'
Aber alles wird gut
Weiter gehts! Am Tegernsee entlang
Allerdings ohne Aufenthalt in der Seesauna, und weiter nach Bayrischzell und dann zum Sudelfeld und Tatzelwurm
Mekka der bayrischen Motorradszene - große Erwartung, aber zumindest heute ist hier nichts los und eine im Vergleich zur Kesselbergstraße auch enttäuschende Strecke. Da bietet das Streckenstück nach der Überquerung des Inns Richtung Walchsee und von dort weiter nach Bad Reichenhall fahrerisch wesentlich mehr.
Ok, mein heutiges Ziel ist Berchtesgaden, Morgen früh hab ich geplant den Obersalzberg wo Hitler seinen 'Berghof' hatte bzw das dort heute installierte Dokumentationszentrum zu besuchen.
Wegen Corona ist der Zutritt begrenzt, es empfiehlt sich also früh dazusein. Deshalb suche und finde ich ca 10 km vor Berchtesgaden tatsächlich einen Campingplatz. Lässt sich zunächst gut an, hat, was nicht mehr selbstverständlich ist, noch eine Zeltwiese wo auch die Zeltheringe in den Boden gehen. Die Nacht für üppige 23.50 bietet dann aber nicht nur bis gegen 11 jede Menge Verkehrsgeräusche von der Bundestraße - die Zeltwiese ist vorn nur durch eine Hecke vom Bahndamm der DB und von der dahinter liegenden Bundesstraße getrennt, die Dauercamper sind hinten wo's leise ist - sondern, spezielle Überraschung, auch noch eine Nachtbaustelle der DB. Die Deutsche Bahn schottert ihr Gleisbett direkt an der Zeltplatzhecke neu und fährt dazu zwischen eins und halb fünf am frühen Morgen mit einem Bauzug hin und her, direkt durch mein Zelt, grad so als wollten sie in dieser Nacht in Ordnung bringen was sie über Jahre hinweg haben verlottern lassen.
Da bau ich dann als es hell und auf der Bundesstraße so ab halb sechs auch die Lkws wieder unterwegs sind gern früh das Zelt ab und verschwinde, frühstücke in einer Bäckerei und pfeif nach zwei Cappucine schon um acht die wunderbare Bergstrecke von Berchtesgaden auf den Obersalzberg hoch. Vor mir stehen schon ca. 10 Leute an, wir dürfen aber um neun alle zusammen rein.
Der Besuch im Dokumentationszentrum https://www.obersalzberg.de/home/ ernüchtert mich, auch noch nach mehr als 75 Jahren bin ich fassungslos zu was Deutsche fähig waren. Und auch froh daß mir diese Prüfung durch 'die Gnade der späten Geburt' erspart blieb. Den Besuch kann ich, auch angesichts dessen was heut wieder alles aus den Löchern kriecht, jedermann nur empfehlen.
Kurz vor Mittag fahr ich weiter. Über die Scharnitzkehlstraße gibts eine klitzekleine 'hintere' Abfahrt zurück nach Berchtesgaden mit super Aussicht auf die gegenüber liegenden Berge, den Hochkönig ...
... und den Watzmann (???). Wenn ers denn tatsächlich ist.
Und weil ich eigentlich gar nicht zurück will sondern weiter Richtung Salzkammergut fahr ich gleich noch mal den Obersalzberg hoch, vorbei auch am Golfclub Berchtesgaden ....
... der sich, wie's aussieht, auch in einem ehemaligen NS-Gebäude niedergelassen hat. Wem's gefällt....
Weiter ohne jegliche Coronainspektion über die Grenze nach Hallein im Salzburger Land und von dort vorbei an glücklichen Kühen am Fuschlsee ....
... zum Mondsee.
Ein verträumtes Badeufer
Und wie ich da so steh kommt tatsächlich ein Kunstflieger vorbei und dreht 10 Minuten lang nur für mich Loopings, macht Sturzflüge und Überschläge ....
... daß mirs selbst am Boden fast schlecht wird. Von da gehts dann ...
ans Nordende des Attersees ...
... wo ich mit Helmut auf einen Kaffeebesuch verabredet bin.
Helmut kenn ich aus der beruflichen Zusammenarbeit mit einem in dieser Gegend ansässigen Entwicklungspartner für Getriebeteile. Irgendwann mal hat sich dabei rausgestellt daß er alte Horex-Motorräder, vornehmlich Vorkriegsmodelle, sammelt, restauriert und fährt.
Dieses Foto ist leider nicht von mir, das sind Helmut und seine Frau bei einem Oldtimer-GP auf einem Horex-Gespann von 1935.
Helmuts Horex-Sammlung besteht aus jeder Menge Motoren, diversen Solo-Maschinen und mehreren Gespannen, alle nicht auf neu restauriert sondern mit Patina, technisch einwandfrei und fahrbereit. Ich bin so überwältigt daß ich völlig vergesse Fotos zu machen. Und dann, ich bin in der Gegend von Vorchdorf von den Eltern eines Stuttgarter Freundes zum Abendessen und Nachtquartier eingeladen, schlägt er vor, noch eine kleine Ausfahrt Richtung Attersee zu machen und mich anschließend in meinem Nachtquartier abzuliefern.
Auf gehts!
Der Helm ist derselbe wie beim Gespannrennen, die Fahrweise, wie ich schnell feststelle, zügig.
Wir fahren über kleine Landstraßen und Versorgungswege und ich hab mit der 50 PS starken TX 750 zu tun an Helmut auf der 20 Jahre älteren 18 PS starken Regina 350 dranzubleiben und nicht abreissen zu lassen .
Die beiden Fahrzeuge noch mal von vorn. Ob der Pfeil die Richtung des technischen Fortschritts markiert ist zumindest diskutierbar.
Nach gut 50 schönen Kilometern Ankunft im Nachtquartier. Super Ausfahrt Helmut, Danke. Und wir kommen auch noch mal ins Horexparadies!
Auf dem Bauernhof wo ich übernachte werd ich mit offenen Armen empfangen und fürstlich bewirtet. Normalerweis bringt, was ich versäumt hab, der Gast ein Geschenk mit aber als ich mich am nächsten Morgen nach einem üppigen Frühstück verabschiede bekomm ich auch noch eine Flasche besten selbstgebrannten Zirbenschnaps zugesteckt. Der Hausherr ist früher selbst Motorrad gefahren, erst eine Regina und dann, bis sie ihn bei einem Unfall 'ins Bein gebissen' hat, eine Triumph Tiger und er empfiehlt mir an meine bereits grob geplanten Strecke zunächst Richtung Hallstädter Tauern und dann in einem großen Bogen hoch zur tschechischen Grenze noch das 'Gesäuse' anzuhangen. So kommen an diesem Tag 350 km zusammen. Nicht nur das Gesäuse, das ganze Streckenstück zwischen Liezen und Steyr - erste Sahne!
Schloss vor Bergkulisse in den Hallstädter Tauern
Ein lauschiges Bänkchen mit himmlischem Segen für eine kleine Pause. Der Fleck vor dem Motorrad rührt allerdings daher daß ichtrotz des Segens beim Absteigen den Seitenständer nicht weit genug ausklappe und deshalb erst mal mit der ganzen Fuhre am Boden liege. Am Kupplungshebel bricht nur die Kugel, glücklicherweis nicht die Halterung weg, den Schalthebel biegts nach oben - Rückschaltungen weiterhin kein Problem, Hochschaltungen besch ... en.
Es ist Samstag Nachmittag, alle Werkstätten sind dicht aber am frühen Abend komm ich an einem halb zerlegten Baugerüst vorbei und kann mit einem anderthalb Meter kurzen Rohr-Teilstück den Hebel wieder so einigermaßen hinbiegen - Gott sei Dank bricht er dabei nicht ab.
Nach diesem kleinen Lapsus kuck ich auch nicht wirklich entspannt in den Selbstauslöser. Kann vielleicht auch daran liegen daß ich an diesem Tag schon seit dem Morgen ein wenig Kopfweh habe. Da gabs doch gestern zum Abendessen und anschließendem Einsitzen einen erstklassigen Apfelmost. Ob ich da ein Gläschen zu viel ....
In Steyr fahr ich dann wenigstens 20 km im Kreis weil ich nicht glauben will, daß nur Autobahnanschlüsse ausgeschildert sind nicht aber der Nachbarort Stadtkirchen via 'österreichische Romantikstraße', die ich auf meiner Generalkarte ausgekuckt habe. Jetzt reichts endgültig, in der nächsten Saison fahr ich mit Navi!
Bei Mauthausen überquer ich die Donau. Der Ort ist mir ein Begriff und ich besuch am Nachmittag die KZ-Gedenkstätte. Schauderlich!!!!
Von da dann noch ca 100 km bis ich am Abend recht platt mein Nachtquartier an einem kleinen Bach bei Klaffer am Hochficht aufschlage.
Am nächsten Morgen noch mal günstig in Österreich getankt - die Wiese neben der Tankstelle ist weiß vom Bodenfrost - und dann bei zunächst weiter einstelligen Temperaturen über die deutsche Grenze Richtung Bayrischer Wald.
Ich glaub hier sieht man daß es trotz Sonne noch recht frisch ist.
In Waldkirchen halten mich die beiden Wächter vor der Tür nicht von einem klasse Frühstück mit reicher Auswahl im Bäckereicafe Pilger ab. Und es gibt auch eine richtig edle Toilette auf der man(n) grad sitzen bleiben möchte. Empfehlung, die Bäckerei natürlich, für alle die mal in die Gegend kommen!
Über kleine Sträßchen weiter nach Zwiesel ...
... und von dort auf den hohen Arber wo mich tatsächlich ein Krokodil zu beissen versucht.
Nein, nicht das auf dem die Kids da am Arbersee sitzen.
Aber als ich grad auf den Parkplatz davor einbiegen will machts hinter mir auf einmal Tatü Tata, ein ziviler BMW überholt und der Beifahrer winkt mich an den Straßenrand. " Fahrzeugkontrolle, bitte Führerschein und Fahrzeugschein ... um was gehts denn ... jetzt schaun wir uns erst mal Ihr Motorrad an ... aha, das Modell 341, stimmt das .... schalten Sie mal das Fernlicht ... neuer TÜV? Das interessiert uns nicht, da prüfen wir schon selbst ... und blinken bitte ... ist das der Originalzustand .... haben Sie gegenüber dem Originalzustand etwas verändert ... Stahlflex-Leitungen, wieso denn das ... haben sie sonst noch was geändert ... so ein altes Motorrad, sie haben da doch sicher was umgebaut ..."
Die beiden Jungs kennen die TX offensichtlich nicht, kein Wunder, das Motorrad ist sicher deutlich älter als die Beiden. Aber nachdem sie jetzt so gar nichts finden und weder die Reifen abgefahren sind noch die TX à la 'Brutale' aus dem Auspuff röhrt kommen Sie zur Sache. " ... können sie sich vorstellen wieso ... wir hatten hier 23 Motorradtote im letzen Jahr ... " (ok, hat er das so gesagt, dh die 23 aufs letzte Jahr bezogen, ganz sicher bin ich mir da nicht) "... wir haben hier eine Sonderkommission Motorrad ... Sie haben bei unklarer Verkehrslage überholt ... 100 Euro plus 28 Euro Verwaltungsgebühr, 1 Punkt, ... sind Sie einverstanden? ..."
Das bin ich nicht was die Sache nicht besser macht. Ich bin kurz hinter Zwiesel auf eine Kolonne von fünf Pkw aufgelaufen, der vorne fährt bei zulässigen 100 so um die sonntäglichen gut 70 Stundenkilometer und ich reih mich, weil ichs nicht wirklich eilig hab und dauernd Gegenverkehr kommt, für ca 3 km hinten ein. Wir werden gefühlt immer langsamer, dann ein Links-Rechtsbogen, Kurve wär übertrieben, ohne Gegenverkehr, ich überhol den Ersten und wie immer noch keiner entgegenkommt auch noch den Zweiten. Dann ist der Abzweig zum Arber ausgeschildert und ich reih mich wieder ein, die drei vor mir fahren gerade aus weiter, ich bieg links ab und fahr, ohne groß in den Rückspiegel zu schaun, die letzten vier km zügig und entspannt vollends hoch zum Arbersee. Wo mich die Zivil-Pozelei, die ich offensichtlich vor dem Abzweig mit überholt hab, aus dem Verkehr zieht.
Und sie haben nix, ich werd wies aussieht alt, bin auf den 10 km seit Zwiesel erst hinter und dann vor ihnen nicht ein einziges Mal zu schnell gefahren, hab weder bei Gegenverkehr noch im Überholverbot überholt, bin nicht zu dicht aufgefahren und hab auch nicht gedrängelt. Am Motorrad soweit erkennbar alles legal und laut ist's zum allgemeinen Erstaunen auch nicht.
Echtes Pech für die Jungs, 10 km und eine wertvolle halbe Stunde Arbeitszeit vergeudet, was jetzt. Da ziehn wir doch einfach mal ein ganz wachsweiches 'Überholen bei unklarer Verkehrslage' aus dem Ärmel. " ... Kennzeichen LB ... Sie sind ja auch nicht aus der Gegend ... ??? ... ja, dann könnt man wenigstens davon ausgehen daß Sie die Strecke kennen ... und so richtig Gas gegeben haben sie auch nicht ... " Ok, ich fahr halt keinen Tiefflieger mit 150 PS und geb, wie ichs gewohnt bin wenn ich die Lage überblicken kann, angesichts des für diese Geschwindigkeit üppigen Drehmoments der TX einfach im fünften Gang Gas. Was ja offensichtlich durchaus gereicht hat.
Der gesprächsführende Beamte bemüht sich um mich aber ich bin einfach nicht einsichtig " ... Sie sind ein schwieriger Fall ... wenn Sie damit nicht einverstanden sind kommen Sie halt zur Gerichtsverhandlung in den Bayrischen Wald ... wir schicken Ihnen das auch nach Baden Württenberg... " Na ja, 20 Euro hätt ich, um den ganzen Aufstand zu vermeiden, vielleicht akzeptiert aber verarschen lassen, nur weil ich die Erwartungen der Jungs an ihre Sicht des Motorradfahrer-Normalverhaltens nicht erfüllt hab, möcht ich mich jetzt eigentlich nicht. Wenns eine Gerichtsverhandlung in Zwiesel oder Bodenmais gibt steig ich mit meiner Frau und dem Schnuffi ins Auto und wir machen ein paar Tage Winterurlaub im Bayrischen Wald.
So trennen wir uns, das können sie jetzt einfach nicht fassen. Ich bleib noch ein Viertelstündchen am Arbersee und fahr dann runter nach Bodenmais. Kaum bin ich wieder auf der Strecke stehn die beiden Jungs links in einem Parkplätzchen und haben die nächste arme Sau am Wickel.
Ein paar Kilometer weiter gibts einen kleinen Trost - ich liebe Amarenabecher und der ist richtig lecker! Rechts vom Eisbecher übrigens mein, wie ich in Steyr gelernt habe, völlig überholtes Navisystem.
Im Bayrischen Wald gibts alles, Südtiroler Klima inclusive
Und auch noch richtige Tankstellen wie früher: Super- und Normalbenzin, kein E10, dafür aber Milch als Ergänzungskraftstoff. Daß es sowas überhaupt noch gibt ...
Kurz dahinter ein fotogenes Bauernhof-Gänseidyll
In Flossenbürg, das Thema verfolgt mich auf dieser Tour ein wenig, noch eine KZ-Gedenkstätte. Andrerseits kein Wunder wenn man sich die Karte anschaut die ich dort abfotografiert hab. Die Lager waren überall!
Ich bin vor ca 15 Jahren bei einer einwöchigen ' wir fahren jetzt einfach mal dicht an der tschechischen Grenze entlang von Zwiesel bis Dresden und dann wieder heim' - Tour zusammen mit meinem Freund Werner schon mal zufällig in Flossenbürg aufgeschlagen. Damals war, soweit ich mich erinnere, das Lager nicht ausgeschildert, wir haben uns, weil mir der Name ein Begriff war, durchgefragt und vor Ort gabs auch nur wenig zu sehen. Nicht aufgefallen ist mir damals daß die Häuser am Hang hinter der Baracke auf dem Foto oben alle auf dem ehemaligen Lagergelände stehen. Das war ja nach dem Krieg auf einmal frei, da gabs offensichtlich günstige Bauplätze. Ob mir da auf der sonnigen Eigenheimterasse mein Sonntagsfrühstück mit Blick auf die ehemalige Kommandantur und die Baracken wirklich schmecken würde?
Bei Windischeschenbach dann mitten im Acker ein fotogener Bohrturm vom kontinentalen Tiefbohrprogramm der Bundesrepublik Deutschland. Details hier https://de.wikipedia.org/wiki/Kontinent ... eutschland, mir fehlt leider die Zeit für eine Besichtigung.
Und am nächsten Tag in Neuenmarkt, jetzt sind wir schon im Fichtelgebirge, das 'Deutsche Danpflokmuseum' Dekoratives Foto, der moderne Triebwagen fährt grad durch als ich die Loks fotografieren will. Auch die Besichtigung muss ich mir für nächstes Mal aufsparen.
https://www.dampflokmuseum.de/startseite-2/
Von da aus umfahr ich Bayreuth und fahr dann weiter durch die Fränkische Schweiz ...
Das Foto staammt aus der Gegend von Plankenfels.
... über Herzogenaurach weiter Richtung Bad Windsheim.
Seit Herzogenaurach rappelt immer mal wieder was im Motor. Das Geräusch wird successive unangenehmer, meine Nerven dünner und mir fällt jeder mögliche Blödsinn ein. Ich hab kurz vor der Tour die Ausgleichswellenkette neu eingestellt, hab ich die Excentermutter wirklich wieder richtig angezogen? Dann stottert sie auch noch ein paar mal und schießt in den Auspuff - Kommt das Geräusch vom losen Fliehkraftversteller der am Gehäusedeckel kratzt bevor er vollends von der Nebenwelle fällt? So eine Motorenzerlegung mit Bordwerkzeug am Straßenrand wär nicht lustig.
Als ich endlich kurz vor Bad Windsheim ohne Stehenbleiber bei einem alten Bekannten aufschlage kann ich dort komfortabel mit seinem Garagen- statt mit meinem Bordwerkzeug auf Ursachensuche gehen.
Gar nicht so schlimm, Die Klemmschraube der Kettengleitschiene über dem Ritzel hat sich gelöst und das vordere Ende der Schiene tanzt und rappelt auf der Kette. Ich hab mich schon vorher gefragt zu was Schiene wohl gut ist und bau sie final ab. Problem gelöst!
jetzt ists nicht mehr weit nach Hause. Hier gehts auf kleinen Straßen vorbei am mittelalterlichen Rothenburg ob der Tauber
Zwischen Rothenburg und Langenburg sind Ernte und Ackerbearbeitung in vollem Gange
Jetzt bin ich schon hinter Langenburg, ein Blick zurück auf die auf dem Bergsporn liegende Altstadt mit dem Schloß. Da hoch geht auch die ehemalige Bergrennstrecke.
Und als bei Mainhardt die Sonne malerisch aber schlecht fotografiert über dem Schwäbischen Wald untergeht brauch ich für die restlichen knapp 50 km grad noch 40 Minuten.
Sechs sonnige Tage, kein Regentröpfchen, jede Menge Landschaft, 1.926 km Fahrspaß pur mit einem Durchschnittsverbrauch von 4,92 l auf 100 km.
Der Mann vom TÜV hatte recht: '...bremst gut, fährt gut ...', ein klasse Motorrad. Und die Herausforderung so was mit der TX oder einer den beiden ähnlich alten Kawasaki-Twins zu unternehmen reicht mir völlig, da brauch ich, so sehr sie mir auch gefällt, doch keine neue Triumph Speed Twin in der Garage.
Seht ihr sicher genau so!
Martin
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