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Die Geschichte zu meiner nicht ganz originalen TX750

 

Bereits seit „Moped-Zeiten“ vom Schrauber-Fieber infiziert und in diesem Alter permanent von Ideen/Vorstellungen zum Thema Motorrad heimgesucht, die bei weitem nicht den finanziellen Möglichkeiten entsprachen, musste sich bis 1984 bereits so manches Zweirad (von Jawa bis Zündapp) meinem Tatendrang beugen.

 

In diesem Jahr entdeckte ich dann bei einem befreundeten Leidensgenossen die sterblichen Überreste einer TX welche er eingetauscht hatte. Der Zustand war  erbärmlich, es gab praktisch nichts was nicht zerrissen, verbogen, verdellt oder mit Sprühdose lackiert war; Lenker und Sitzbank waren bereits dem restlichen Zustand entsprechend fachgerecht durch Fremdteile ersetzt.

 

Trotzdem kam mir bei diesem Anblick sofort der eine oder andere Testbericht sowie das Foto von der Cover-Rückseite der Zeitschrift MOTORRAD in den Sinn. Mit diesen Gedanken gab es dann schon auch Positives - denn das Ding war ja immerhin „schiebebereit“ und es gab eine große Kiste Ersatzteile, die zwar allesamt nicht mehr zu zu gebrauchen waren aber immerhin die Schwachstellen des Triebwerks gnadenlos aufdeckten (mehrere gefressene Nockenwellen samt Lagerböcken, eingelaufene Lagerschalen und Ölpumpen, blaue Pleuel ...).

 

Wenige Tage später konnte ich den angeschlagener Stier erwerben und so stand er nun neben meinen Kawas, einer KH250 für die Straße und einem KX250 Crosser, in der Garage.

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Weil die inzwischen in mir gereiften Bilder, was aus dieser Ruine einmal werden sollte, ganz klar ein einsitziges Sportmotorrad zeigten und die TX nunmal vom Grundsatz her ein Tourer ist, war nun erstmal planen, skizzieren und messen angesagt.

 

Um den offensichtlichen thermischen Problemen, die sich vermutlich bei sportlichem Einsatz des Gerätes noch verschärfen würden, vorzubeugen war meiner Ansicht nach eine Vergrösserung des Ölvolumens unumgänglich und wurde durch den Bau eines neuen Öltanks realisiert. Mit der Unterbringung im Rahmenheck und der besonderen Form des Tanks versuchte ich die „Lüfterwirkung“ des Hinterrades zur Kühlung zu nutzen. Dieser sehr aufwendige Teil des Umbaus, der ja nur auf Vermutungen basierte, wirkt sich sehr positiv aus. Selbst bei flottester Gangart , hochsommerlichen Temperaturen und ohne Ölkühler werden im Motorsumpf max. 100 °C Öltemp. gemessen. Der Wegfall des seitlich über den Rahmen ragenden Originaltanks ist auch optisch ein Gewinn, da sich das Motorrad in der Heckansicht erheblich schlanker und von der Seite mit fast freiem Rahmendreieck präsentiert.

 

Da ich die Sitzposition auf meiner KH250 mit Halbschalenverkleidung, Tomasellis, zurückverlegten Fußrasten und geänderter Sitzbank als ideal empfand, sollten die relevanten Maße wie Sitzhöhe, Position der Fußrasten usw. möglichst übernommen werden. Als die dafür erforderlichen Halterungen und Umlenkungen gefertigt waren, konnte mit dem Bau der 2in1 Auspuffanlage begonnen werden.

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Hier machte ich als weitere Quelle thermischen Unheils die Auspuffverbindung genau vor den Luftdurchführungen des Zylinderkopfes aus. Der Sinn diese Teiles, war auch in Gesprächen mit anderen Schraubern, nicht eindeutig zu klären und so verzichtete ich darauf. Nicht nur wegen der zu geringen Bodenfreiheit für die Krümmerverlegung sondern auch wegen der 3 Dichtungen und der unverhältnismässigen Schraubendimension der Ölwanne mit Distanzring, ließ ich mir eine einteilige Wanne mit geringerer Bauhöhe fräsen. Dies ist übrigens das einzige Teil des gesamten Umbaus das -mangels Fräse- nicht von mir selbst hergestellt wurde.

 

Nun gings an den Formenbau für die GFK-Teile und deren Halterungen. Wenn auch noch unzählige Details zu lösen waren, so konnte man ab diesem Zeitpunkt endlich erkennen, dass sich in Bezug auf die Linienführung/Optik, Wunsch und Wirklichkeit immer mehr deckten.

 

Bei der Überarbeitung des Motors legte ich mehr Wert auf Drehmoment und Standfestigkeit als auf Spitzenleistung. So wurde die Nockenwelle in Bronce-Büchsen gelagert, sämtliche Teile fein bearbeitet und die Verdichtung geringfügig erhöht. Da ich mich mit Unterdruckvergasern noch nie anfreunden konnte fertigte ich zwei neue Ansaugstutzen für 36er Dellortos mit Beschleunigerpumpe und bearbeitete Ansaug- und Auslasskanäle. Sowohl aus thermischen als auch optischen Gründen wurde das klassisch schöne LiMa-Gehäuse nicht mehr hinter einem Seitendeckel versteckt, sondern wie die meisten anderen Gehäuseteile überschliffen und poliert. Der Ölfilter wurde in den Motor verlegt und Zündung, Kupplungsschnecke sowie Kettenritzel mit neuen Abdeckungen versehen. Für ein solches Motorrad zwar etwas untypisch aber einfach bequemer (zumal ohne Hauptständer) wurde nicht der E-Starter sondern der Kickstarter mitsamt Ritzeln und Welle über Bord geworfen.

 

Eine etwas kleinere Batterie wanderte in einem neuen Alu-Träger soweit als möglich nach unten und der Rest der Elektrik unsichtbar unter den Tank. Im Zuge einer komplett neuen Verkabelung wurden in Verkleidung und Sitzbank je ein Zentralstecker eingebaut, sodass Ab- und Anbau dieser Teile ohne Fummelei von Statten gehen. Tacho und Drehzahlmesser blieben original, wurden aber zusammen mit Zündschloss und einem Ölthermometer, feststehend auf der vorderen Verkleidungshalterung befestigt.

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Abgesehen von vielen, vielen Kleinigkeiten die bis zur ersten Testfahrt im Mai 1985 noch gelöst werden mussten, wäre es das in groben Zügen gewesen, wenn da nicht noch die alles entscheidende Hürde, nämlich der Segen des TÜV, zu Meistern gewesen wäre.

 

Die erforderlichen Eintragungen wurden jedoch von einem wirklich interessierten Prüfer der sich auch die gebotene Zeit (eine ausgiebige Probefahrt inbegriffen) nahm durchgeführt. Nach einer Phone-Messung und unter Berücksichtung des Baujahrs wurde der heiß ersehnte Stempel aufgeklebt, sodass einem Straßeneinsatz nichts mehr im Wege stand.

 

Seit diesem Tag blieb das Motorrad praktisch unverändert, (lediglich eine kontaktlose Zündanlage wurde nach einigen Jahren nachgerüstet) was mich in meiner These bestärkt, sich lieber einmal viel Arbeit zu machen und dann aber auch lange Zeit viel Freude zu haben.

 

Das Triebwerk war noch nie auf einer Bremse, die Fahrleistungen und Handlichkeit beeindrucken jedoch immer wieder. Der Motor zieht ab 2000 U/min ruckfrei und dreht selbst im 5. Gang, trotz der längstmöglichen Sekundärübersetzung, problemlos in den roten Bereich. Nicht nur auf Land- und Passstraßen, sondern auch auf kurvenreichen Rennstrecken wie in Rijeka gab und gibt es immer wieder verdutzte Gesichter.

 

 

 

Leider komme ich in den letzten Jahren aus Zeitmangel sehr selten in diesen Genuss die TX zu bewegen oder an den Aktivitäten der IG teilzuhaben. Da mich aber Helmut Lackner bereits mehrmals gebeten hat einen Bericht über dieses Motorrad zu schreiben, musste zumindest das einmal erledigt werden. Für weitere Infos stehe ich gerne zur Verfügung.

 

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Ich hoffe ihr hattet ein wenig Spaß beim lesen und wünsche Euch allzeit gute Fahrt.

 

Stefan Edmüller

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